Am Todestag meines Mannes wachte ich genau zur selben Zeit auf wie vor einem Jahr. Ich begann mein morgendliches schriftliches Gespräch mit meinem Mann mit: Es ist heute …, worauf er mich mit folgenden Worten unterbrach:
„Nein, es ist nicht heute, es war vor einem Jahr. So viel ist geschehen seither. Du hast Dich an unseren neuen Lebensabschnitt, gewöhnt. Das neue Kapitel unserer Partnerschaft hat sich sehr schön entwickelt. Du kannst bereits sehen, welchen Verlauf es nimmt, und es ist Dir und mir gut. Es ist anders. Mein physisches Dasein fehlt Dir, solange Du noch im physischen Leben bist. Das ist verständlich. Ich schicke Dir aber immer wieder auch physische Zeichen, um Dir zu zeigen, dass ich bei Dir bin. Denke an den Brief von letzter Woche. Wir werden weiterhin unseren gemeinsamen Weg finden, was immer auch kommen mag.“
Das hat die Traurigkeit vorerst reduziert. Den ganzen Tag über war ich in seltsamer Stimmung, nicht richtig traurig, eher nachdenklich. Und sehr kreativ – produktiv. Ganz anders, als ich mir diesen Tag vorgestellt hatte. In der Vorwoche, in einer Schreibgruppe für Inspiriertes Schreiben, an der ich teilnehme, hat mein Mann meiner Übungspartnerin jenes Tages einen wunderschönen Brief an mich diktiert.
Und wieder: Präsent sein
Beim abendlichen Schreiben fragte ich meinen Mann, weshalb ich in so eigenartiger Stimmung war.
„Ich lasse Dich heute nicht traurig sein. Du sollst mit Deiner Aufmerksamkeit in der Präsenz sein, unser heutiges Leben, so wie es ist, leben. Erinnere Dich – wenn Du mit Deiner Aufmerksamkeit und Deinen Gefühlen in der Vergangenheit bist, lässt Du mich allein (siehe Blogbeitrag November 2020: Verstorbene in unsere Gegenwart integrieren). Ich will den heutigen Tag mit Dir gemeinsam verbringen, meine Rückkehr in die feinstoffliche Ebene und vor allem unsere wunderschöne gemeinsame Arbeit feiern. Es macht mir solche Freude. Schreibe, nimm teil an Medium- oder Trance-Kursen, alles was mich inkludiert, wo ich bei Dir sein kann. Wir machen das gemeinsam, Seite an Seite.“
„Der Tod eines heißgeliebten Menschen ist die eigentliche Weihe für eine höhere Welt. Man muss auf Erden etwas verlieren, damit man in jenen Sphären etwas zu suchen habe.“
Christian Friedrich Hebbel (deutscher Schriftsteller, 1813 – 1863)