Im April, kurz vor seinem ersten Todestag, habe ich einen besonders schlechten Tag. Es ist ein Treffen der Schreibgruppe, der ich angehöre, doch ich bin nicht in der Stimmung zu schreiben. Es kostet mich Überwindung, teilzunehmen – aber es hat sich gelohnt.
Diesmal arbeiten wir Paarweise. Jedes Paar bekommt ein Thema. Wir schreiben in der Gruppe, anschließend im Breakout Room lesen sich die zwei Teilnehmer ihren Text vor. Während meine Partnerin ihren wunderschönen Text, der an eine Person gerichtet ist, vorliest, denke ich: Hoffentlich hat sie jemand, der diese Worte wert ist. Sie endet, ich sage ihr wie schön ich ihren Text finde – darauf ihre Antwort: “Diesen Brief hat mir Dein Mann für Dich diktiert.” Tatsächlich, einiges an dem Brief weist darauf hin, dass er ihn diktiert hat.
Es ist ein wunderschöner Liebesbrief – ich bin zu Tränen gerührt. Traurigkeit aber auch Glück und so viel Liebe ist in diesen Tränen. Und Dankbarkeit – ich bin ihm unendlich dankbar für seine Liebe und Unterstützung.
Noch ein Brief
Anfang August, einige turbulente Wochen liegen hinter mir, ein transformativer Prozess ist im Abklingen. Wieder diktiert er meiner Kollegin einen so schönen, ermutigenden Brief, um mich aufzumuntern. Weiß mein Mann, wie sehr er mir damit hilft?
Durch ein anderes Medium hat er mir die Botschaft ausrichten lassen, dass er immer Wege finden wird, um mit mir in Kontakt zu kommen. Seine Kreativität darin, neue Wege zu finden, um mir seine Liebe und Unterstützung zu zeigen, ist berührend.
Kürzlich hat mir jemand gesagt, ich soll doch loslassen. Darüber habe ich lange nachgedacht. Wie könnte ich ihn, seine Präsenz, einfach ignorieren? Dann verstand ich: Es geht darum, die gemeinsame Vergangenheit loszulassen. Den Wunsch, er wäre noch inkarniert. Die Traurigkeit, dass er nicht mehr inkarniert ist. Das ist ein Prozess, der noch einige Zeit dauern wird. Seine Anwesenheit zu fühlen, hilft mir dabei. Liebe verbindet, wo immer die andere Person ist, inkarniert oder diskarniert.
„Wahre Liebe hat nie ein Happy End – denn wahre Liebe hat kein Ende.“ (Alexander der Große)