Perlen der Weisheit sind Einzeiler der Philosophie. Vor einiger Zeit gab mir ein Tutor eine persönliche Perle der Weisheit: Das Leben ist wie das Meer – es fließt wie Ebbe und Flut.
Normalerweise bezeichnen wir Veränderungen als Höhen und Tiefen des Lebens, je nachdem, ob wir die Veränderung wollen oder nicht. Wenn ich eine bevorstehende Veränderung spüre, fühle ich mich oft sehr unruhig – ein unangenehmes Gefühl.
Ich bin in der Nähe der Berge aufgewachsen. Als ich ein Kind war, verbrachten wir viele Sonntage mit Wandern. Das sind schöne Kindheitserinnerungen. Weniger schön ist die Assoziation des Bergsteigens mit den Höhen und Tiefen des Lebens.
Bergsteigen ist mühsam. Das Erreichen des Gipfels erfordert viel Zeit und Mühe. Nur die eigene Anstrengung bringt einen dorthin, niemand kann einem dabei helfen. Wenn man oben angekommen ist, bleibt man eine kurze Weile, bevor man zum normalen Platz zurückkehrt, der – Du hast es erraten – unten ist.
Ebbe und Flut
Ebbe und Flut sind in regelmäßigen Zyklen wiederkehrende Wasserbewegungen in den Ozeanen. Sie sind die zwei Seiten eines Geschehens – sie gehören zusammen wie die zwei Seiten einer Münze. Wie das Wasser unterliegen auch wir natürlichen Lebensrhythmen. Jeder Versuch, sich diesen Rhythmen zu widersetzen, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Auch in Zeiten, in denen unser Leben scheinbar stillsteht, ist der Wandel immer im Gange – zunächst energetisch, bevor er sich in der materiellen Welt manifestiert. Da sie sowieso ein Dauerzustand ist, habe ich beschlossen, mich auf permanente Veränderung einzustellen, anstatt mich davon verunsichern zu lassen.
„Ebbe und Flut“ vermittelt das Gefühl von Beständigkeit, Verlässlichkeit und das beruhigende Gefühl: Auch wenn das Leben jetzt schwer sein mag – es wird wieder leichter. Diese Perle der Weisheit hilft mir, Veränderungen anzunehmen, selbst wenn sie unerwünscht sind. Statt Höhen und Tiefen nenne ich es von nun an Ebbe und Flut des Lebens.
„Alles wird gut sein und alle werden gut sein, und aller Art Dinge wird gut sein.“ (Mutter Julian von Norwich, englische Mystikerin und Einsiedlerin, ungefähr 1343 – nach 1416)